Bekannt ist Tallinn vor allem für seine bestens erhaltene Altstadt. In Estlands Hauptstadt findest du aber auch tolle Kreativquartiere – und mit dem Rad bist du selbst aus dem Zentrum ganz schnell am Meer. 

Perle der Ostsee wird Tallinn oft genannt – und schon nach ein paar Stunden in der Stadt merkst du, dass da definitiv etwas dran ist. Die alte Hansestadt Reval hat sich neu herausgeputzt. Die historischen Häuser der Altstadt strahlen in ihren bunten Farben mit der Sonne um die Wette – und dass dieses so wunderbar erhaltene Ensemble seit 1997 zum Unesco-Weltkulturerbe gehört, überrascht kaum.

Heute zählen Estland und seine Hauptstadt Tallinn zu den digitalen Vorreitern Europas. Die Ostseemetropole hat seit seiner Gründung allerdings eine bewegte Geschichte hinter sich, deren Spuren du bei deinem Besuch an vielen Ecken entdecken wirst. An die Herrschaft der Dänen erinnert bis heute unter anderem der Name Tallinn, der übersetzt so viel wie dänische Stadt heißt. Unter deutscher Flagge wurde Tallinn in Reval umbenannt – der offizielle Name bis 1918. Die erfolgreiche Hansezeit ist durch die vielen alten Kaufmannshäuser weiter präsent. Und dann ist da noch die Zeit der Sowjetrepublik, die beispielsweise durch die verfallene Multifunktionshalle Linnahall direkt am Hafen sichtbar bleibt.

Tallins Ursprung: Ein Spaziergang über den Domberg

Es ist schon früher Abend, als wir in Tallinn ankommen. Jetzt im Frühsommer geht die Sonne aber erst später unter – und so haben wir noch einige Stunden, bis die Dämmerung über Estlands Hauptstadt hereinbricht. Wir nutzen die Zeit und starten unseren Besuch mit einem Spaziergang über den Domberg. Hier oben haben die Dänen zu Beginn des 13. Jahrhunderts die erste befestigte Stadt gebaut. Heute liegt dort die Oberstadt mit einigen der wichtigsten Sehenswürdigkeiten Tallinns. Die markante russisch-orthodoxe Alexander-Newski-Kathedrale und auch der Tallinner Dom gelten als Wahrzeichen und sind in ihrer exponierten Lage schon von weitem sichtbar.

Auf dem Domberg findest du aber auch Estlands Parlament und zahlreiche Botschaften. Abends, wenn die Diplomaten längst zu Hause sind und auch die zahlreichen Tagestouristen wieder zurück auf den Fähren und Kreuzfahrtschiffen im Hafen, hast du Tallinns Oberstadt fast für dich allein und kannst völlig ungestört durch die alten Kopfsteinpflastergassen schlendern. Nicht verpassen solltest du dabei den Blick hinunter auf die Altstadt und bis hinaus auf die Ostsee. Ein beliebter Ort ist dafür die Kohtuotsa Aussichtsplattform.

Buntes Telliskivi: Unterwegs durch Tallinns Kreativviertel

Auch wenn Tallinn vor allem für seine gut erhaltene Altstadt bekannt ist, kann die estnische Metropole auch anders und zeigt mit der Telliskivi Creative City, dass sich Tradition und Moderne ganz wunderbar verbinden lassen. Der alte Fabrikkomplex ist heute das Herz von Tallinns Kreativszene. Hier stößt du deshalb auch direkt auf bunte Streetart, findest kleine Designer Boutiquen oder coole Bars und Restaurants.

Wir haben einen warmen Frühlingstag erwischt – und so sitzen auch am Abend noch alle draußen auf den Terrasses in der Sonne. Wir holen uns bei La Muu ein leckeres vor Ort produziertes Bio-Eis, setzen uns dazu und lassen das Leben in Tallinns Kreativquartier auf uns wirken, bevor wir anschließend zum Abendessen im F-Hoone mit seiner coolen Location im Industrie-Design landen.

Tallinn kompakt: Ein Bummel durch die Altstadt

Am nächsten Morgen gibt es dann aber auch für uns das volle Altstadt-Programm. Das schöne dabei: Tallinns historisches Zentrum ist wirklich kompakt und lässt sich wunderbar zu Fuß erkunden. Verlaufen kannst du dich kaum und zu sehen gibt es fast an jeder Ecke etwas – von zahlreichen Kirchen über alte Hansegibel bis zu hübschen Türen. Lass dich also einfach durch die Straßen und Gassen treiben und die Altstadt auf dich wirken. Den Eingang markieren übrigens die zwei alte Wachtürme des Viru-Tors – und wenn du von hier nach rechts schaust, sieht du wahrscheinlich schon die Olaikirche.

Es gibt viele Kirchen in Tallinn, vom 123 Meter hohen Turm der Olaikirche hast du aber definitiv den besten Blick über die 430.000-Einwohner-Stadt. Von dem schmalen Holzweg rund um den Turm kannst du auf der einen Seite bis zum Domberg schauen, während du auf der anderen Seite die Fähren auf der Ostsee und im Hafen beobachten kannst. Die Stufen nach oben lohnen sich auf jeden Fall – erst recht bei so strahlendem Sonnenschein.

Nicht weit entfernt von der Olaikirche findest du unter anderem die Drei Schwestern, ein Ensemble aus drei mittelalterlichen Kaufmannshäusern, die an die Zeiten der Hanse erinnern. Heute beherbergen sie ein Fünf-Sterne-Hotel, in dem schon die Queen und der japanische Kaiser übernachtet haben.

Der Rathausplatz als Zentrum der Stadt

Tallinns Zentrum ist ganz eindeutig der Rathausplatz im Herzen der Altstadt. Schon von weitem ist das gotische Rathaus mit seinem markanten Turm zu sehen – und auf dem großen Platz mit seinen zahlreichen Terrassen ist eigentlich fast immer etwas los. Sehenswert ist hier am Platz auch die Tallinner Ratsapotheke, die als eine der ältesten Apotheken Europas gilt, die noch in Betrieb ist. Aus dem mittelalterlichen Gebäude mit seinen vergitterten Fenstern hast du außerdem einen tollen Blick hinaus auf den Platz.

Und vom Rathausplatz ist es nur noch ein Katzensprung bis zur Katharinenpassage mit ihrer mittelalterlichen Atmosphäre. In dieser kleinen Gasse mit dem von Bögen überwölbten Gang fühlst du dich umgehend einige Jahrhunderte in der Zeit zurückversetzt.

Die mittelalterliche Handelsstadt Tallinn scheint hier im Zentrum noch an ganz vielen Stellen durch – neben den kopfsteingepflasterten Gässchen auch rund um die zu großen Teilen noch erhaltene alte Stadtmauer. Wehrtürme wie der Kiek in de Kök oder die Dicke Margarethe erinnern an die alte Revaler Stadtbefestigung und können heute besichtigt werden.

Moderne Architektur im Rotermann-Viertel

Eine hervorragende Mischung aus historischer Bausubstanz und moderner Architektur bietet als Kontrast zur Altstadt übrigens das Rotermann-Viertel unweit vom Zentrum auf dem Weg Richtung Hafen. Standen hier vor zehn Jahren noch vor allem die verfallenen Überreste einer Spirituosen- und Makkaronifabrik sowie eines alten Salzspeichers, findest du heute einen hervorragend restaurierten Fabrikenkomplex mit moderner Architektur. Auf dem Weg zum und vom Hafen Richtung Altstadt solltest du deshalb unbedingt einen Abstecher durch das ehemalige Industriegebiet einplanen.

Das Rotermannviertel: alte Fabrikhalle und moderne Architektur
Das Rotermannviertel: alte Fabrikhalle und moderne Architektur

Wir sind inzwischen allerdings ziemlich hungrig und machen uns deshalb auf den Weg zu Tallinns Markthalle Balti Jaama Turg direkt neben dem Hauptbahnhof. Hier kannst du an den zahlreichen Ständen frisches Obst und Gemüse kaufen oder dich drinnen durch die verschiedenen Foodangebote probieren. Alternativ läufst du draußen an den Bahnschienen entlang noch ein Stück weiter bis ins Containerviertel Depoo. Hier findest du in den alten Überseecontainern zahlreiche Streetfood-Angebote. Im Peatus kannst du dir außerdem passend zur Location einen Platz zwischen den ausrangierten Eisenbahnwaggons suchen.

Direkt neben dem Bahnhof liegt außerdem Tallinns Holzhäuser-Viertel Kalamaja, was auf Estnisch so viel wie Fischerhaus heißt. Seit dem 14. Jahrhundert wurde dieser Teil der Stadt traditionell von Fischern, Fischhändlern und Bootsbauern bewohnt. Die noch rund 500 erhaltenen Häuser stammen allerdings aus den 1920 und 1930er-Jahren und sind heute eine beliebte Wohngegend. Viele der Holzhäuser sind hübsch restauriert – und auch in den Straßen von Kalamaja findest du zahlreiche kleine Boutiquen, Cafés und Restaurants.

Schloss Katharinental: der Zarenpalast fast direkt am Meer

Für uns steht zum Abschluss aber noch ein kleiner Ausflug mit dem Rad nach Kadriorg auf dem Programm. In dem Stadtteil östlich der Altstadt liegt Estlands wohl prächtigstes Schloss, das Schloss Katharinental. Das imposante Gebäude mit seinem ausladenden Park ließ einst Zar Peter der Erste für seine Frau Katharina bauen. Direkt gegenüber vom Schlossensemble liegt der heutige Präsidentenpalast. Aus dessen Garten dringt die Musik vom Sommerfest zu uns herüber.

Heute befindet sich im Schloss Katharinental übrigens die Sammlung der ausländischen Kunst der Estnischen Kunstmuseums. Dessen modernes Haupthaus liegt nur ein Stück weiter die Straße hinunter. Das Estnische Kunstmuseum Kumu zählt zu den größten und modernsten Kunstmuseum in den baltischen Staaten – und ist für Kunstfans eine perfekte Option für Regentage.

Schloss Kadriorg gilt als Estlands Versailles
Schloss Kadriorg gilt als Estlands Versailles

Wir radeln stattdessen immer geradeaus durch den Stadtpark Richtung Ostsee. Es ist nur ein kurzes Stück und dann sind wir auch schon vorne am Wasser. Dort wird gerade die Strandpromenade erneuert, die Tallinn mit dem beliebten Badeort Pirita verbindet. Mit dem Fahrrad aus der Stadt direkt ans Meer – noch ein Grund mehr, Estlands Hauptstadt Tallinn ins Herz zu schließen und irgendwann nochmal wieder zu kommen.

 

Praktische Tipps

Von Berlin und Frankfurt kannst du direkt nach Tallinn fliegen, von allen anderen Flughäfen gibt es Umsteigeverbindungen. Bei Air Baltic ist das beispielsweise das Drehkreuz Riga – perfekt um hier noch einen Zwischenstopp einzulegen und die Stadt zu entdecken. Eine andere Möglichkeit ist es, die Reise nach Tallinn mit Helsinki zu verbinden. In zwei Stunden bist du mit der Fähre von Finnland aus in Estlands Hauptstadt.

Tallinns Zentrum und vor allem die Altstadt ist kompakt und lässt sich wunderbar zu Fuß zu erkunden. Für weitere Strecken gibt es öffentliche Verkehrsmittel. Kostenlos ist die Nutzung in der Tallinn Card enthalten, die sich vor allem lohnt, wenn du dir viele Sehenswürdigkeiten anschauen möchtest. Eine Übersicht der wichtigsten Sehenswürdigkeiten findest du in Nicolos Reiseblog. Für eine Abstecher raus zum Schloss Kadriorg oder ans Meer ist das Fahrrad eine tolle Option. Wir können Citybike am Rand der Altstadt empfehlen. Tallinn ist auch in der Vorweihnachtszeit besonders schön: Eindrücke gibt’s bei Daniel von fernwehblog.

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Vielen Dank an Visit Tallinn für die Unterstützung des Artikels. Meine Meinung ist wie immer unabhängig.

Autor

Willkommen bei My happy Places! Ich bin Britta, Journalistin, lebe in Hamburg und liebe es, zu reisen. Hier nehme ich dich mit zu meinen Lieblingsorten rund um die Welt. Viel Spaß!

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